Erbpacht – das klingt für viele nach einem Konstrukt aus alten Zeiten, kann aber gerade heute eine interessante Alternative zum klassischen Grundstückskauf sein. Statt das Grundstück zu erwerben, „mieten“ Sie es langfristig und zahlen dafür einen Erbbauzins. Das senkt den Kaufpreis der Immobilie, kann die Eigenkapitalhürde reduzieren und neue Optionen in begehrten Lagen eröffnen. Wir erklären, wie Erbpacht funktioniert, welche Vorteile sie bieten kann, worauf Sie bei Verträgen achten sollten – und wie sich das Ganze in Ihrer Baufinanzierung niederschlägt.

1. Zusammengefasst

  • Erbbaurecht bedeutet, dass man auf fremdem Land gegen eine laufende Zahlung sein eigenes Gebäude errichten darf.
  • Erbpacht bedeutet: Sie kaufen das Haus, nicht das Grundstück – und zahlen für die Nutzung des Bodens einen regelmäßigen Erbbauzins.
  • Der Kaufpreis fällt deutlich geringer aus, weil der Grundstückswert entfällt – das kann Eigenkapitalbedarf und monatliche Kreditrate spürbar senken.
  • Besonders in gefragten Lagen (Städte, Kirchengrundstücke, kommunale Flächen) kann Erbpacht der „Türöffner“ zur Wunschlage sein.
  • Wichtig sind Vertragsdetails wie Laufzeit, Höhe und Anpassung des Erbbauzinses, Heimfallregelungen und die Konditionen bei Verlängerung.
  • Wer Erbpacht versteht und sorgfältig prüft, kann Immobilienbesitz realisieren, der sonst möglicherweise außer Reichweite wäre.

2. Was ist Erbpacht eigentlich?

  • Der Grundstückseigentümer (z. B. Kirche, Kommune, Stiftung oder Privatperson) bleibt Eigentümer des Bodens.
  • Sie erhalten das Recht, auf diesem Grundstück ein Haus zu bauen oder ein bestehendes Gebäude zu nutzen.
  • Für dieses Nutzungsrecht zahlen Sie einen regelmäßigen Erbbauzins, ähnlich einer Miete für das Grundstück.
  • Das Erbbaurecht wird wie ein normales Grundstück im Grundbuch eingetragen und kann verkauft, vererbt oder belastet (finanziert) werden.

Typisch sind Laufzeiten zwischen 60 und 99 Jahren. In dieser Zeit haben Sie weitgehend ähnliche Rechte und Pflichten wie ein klassische(r) Eigentümer – nur eben ohne Eigentum am Boden.

3. Finanzielle Vorzüge von Erbpacht

Auch wenn Erbpacht etwas komplexer klingt, bietet sie handfeste finanzielle Vorteile:

  • Geringerer Kaufpreis
    Da Sie das Grundstück nicht erwerben, reduziert sich der Anschaffungspreis Ihrer Immobilie oft deutlich. Das kann entscheidend sein, wenn Ihr Budget oder Eigenkapital begrenzt ist.
  • Niedrigerer Eigenkapitalbedarf
    Banken verlangen in der Regel einen Eigenkapitalanteil. Wenn der Gesamtkaufpreis sinkt, sinkt häufig auch der notwendige Eigenkapitalbetrag – der Einstieg in den Immobilienbesitz kann einfacher werden.
  • Entlastung bei der Monatsrate
    Statt einen hohen Kredit für Grundstück und Haus zu bedienen, finanzieren Sie nur das Gebäude (und ggf. Modernisierungskosten).
    • Sie zahlen zwar zusätzlich den Erbbauzins,
    • aber die Kreditrate kann spürbar niedriger ausfallen als beim Volleigentum.
  • Zugang zu guten Lagen
    Kommunen, Kirchen oder Stiftungen nutzen Erbpacht oft, um familienfreundlichen Wohnraum in guten Lagen zu ermöglichen. Ohne Erbpacht wären diese Grundstücke häufig gar nicht zu verkaufen – oder deutlich teurer.

4. Worauf Sie bei Erbpachtverträgen achten sollten

Die Vorzüge entfalten sich nur, wenn der Vertrag gut verstanden und sauber verhandelt ist. Wichtige Punkte:

  • Laufzeit des Erbbaurechts
    • Je länger die Restlaufzeit, desto besser – sowohl für Planungssicherheit als auch für die Finanzierung.
    • Läuft das Erbbaurecht innerhalb der Finanzierungsdauer aus, wird es schwierig mit der Finanzierung
  • Besonderheiten bei der Berechnung der Grunderwerbssteuer
    • Der Bodenwert berücksichtigt immer auch die Restlaufzeit des Erbpachtvertrages
    • bei bebauten Grundstücken sowie Wohnungen muss die Grunderwerbssteuer einmal für den Bodenwert und einmal für den Objektwert berechnet werden
    • bei unbebauten Grundstücken berechnet sich die Grunderwerbssteuer nur auf den Bodenwert und ist damit deutlich günstiger als bei Grundstücken ohne Erbpacht
  • Höhe und Anpassung des Erbbauzinses
    • Üblich ist ein jährlicher Prozentsatz des (ursprünglichen) Grundstückswerts.
    • Wichtig: Anpassungsklauseln (z. B. Bindung an Verbraucherpreisindex oder Bodenwert) genau prüfen – sie bestimmen, wie stark der Erbbauzins in Zukunft steigen kann.
  • Heimfallregelung
    • Am Ende der Laufzeit fällt das Gebäude in der Regel an den Grundstückseigentümer zurück (Heimfall).
    • Im Vertrag ist festgelegt, welche Entschädigung Sie erhalten – oft ein Prozentsatz des Gebäudewerts.
    • Je fairer diese Regelung, desto besser für Ihre langfristige Planung.
  • Verkauf & Vererbung
    • Prüfen Sie, ob für einen späteren Verkauf des Erbbaurechts oder für bestimmte bauliche Veränderungen eine Zustimmung des Grundstückseigentümers nötig ist.
    • Das ist normal, sollte aber klar geregelt und praktikabel sein.
  • Finanzierbarkeit
    • Viele Banken finanzieren Erbbaurechte, prüfen aber Erbbauzins, Laufzeit und Heimfall genauer.
    • Eine frühzeitige Abstimmung mit Ihrem Finanzierungspartner lohnt sich.

5. Für wen kann Erbpacht besonders spannend sein?

Erbpacht ist nicht für alle die perfekte Lösung, kann aber in bestimmten Situationen sehr attraktiv sein:

  • Familien mit begrenztem Eigenkapital, die in einer gefragten Lage kaufen möchten, in der klassische Baugrundstücke kaum bezahlbar sind.
  • Junge Käufer:innen, die erstmal „ankommen“ wollen und die geringere Anfangsbelastung höher gewichten als die Frage, wem das Grundstück in 80 Jahren gehört.
  • Menschen mit Fokus auf Wohnqualität statt Bodenbesitz, denen Lage, Infrastruktur und Umfeld wichtiger sind als das „Komplettpaket“ aus Haus und Grundstück.
  • Käufer:innen, die Förderprogramme nutzen, bei denen auch Modernisierungen oder energetische Sanierungen von Erbbaurechtsobjekten unterstützt werden.

6. Beispiel: Erbpacht im Vergleich

Vereinfacht und ohne Anspruch auf Vollständigkeit – zur Illustration:

Variante A: klassischer Kauf

  • Grundstück + Haus: 600.000 €
  • Eigenkapital: 120.000 €
  • Finanzierungsbedarf: 480.000 €

Variante B: Erbpacht

  • Haus (ohne Grundstück): 450.000 €
  • Eigenkapital: 90.000 €
  • Finanzierungsbedarf: 360.000 €
  • Jährlicher Erbbauzins: z. B. 3 % auf 150.000 € (fiktiver Grundstückswert) = 4.500 € pro Jahr, also 375 € pro Monat

Ergebnis:

  • In Variante B brauchen Sie weniger Eigenkapital und eine geringere Kreditsumme, was die monatliche Darlehensrate entlastet.
  • Dafür zahlen Sie dauerhaft den Erbbauzins und müssen Vertragsbedingungen (Anpassungen, Laufzeit, Heimfall) berücksichtigen.

Welche Variante für Sie sinnvoller ist, hängt von Ihrer finanziellen Situation, Ihren Lebensplänen und der konkreten Ausgestaltung des Vertrags ab.

7. Fazit

Erbpacht ist kein exotisches Nischenmodell, sondern kann ein cleveres Instrument sein, um Wohnträume in guten Lagen zu realisieren – gerade dann, wenn Grundstückspreise hoch und Budgets begrenzt sind. Wer die Mechanik hinter Erbbauzins, Laufzeit und Heimfall versteht und die Vertragsdetails sorgfältig prüft, kann von einem geringeren Einstiegspreis und einer entspannten Finanzierung profitieren.

Gerne prüfen wir mit Ihnen gemeinsam, ob eine Erbpachtimmobilie zu Ihren Plänen passt, welche Bankkonditionen möglich sind und wie sich Erbbauzins, Kreditrate und langfristige Planung in ein stimmiges Finanzierungskonzept bringen lassen – damit sich Ihr Zuhause nicht nur heute, sondern auch in Zukunft gut anfühlt in.

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